Wie erfolgreiche Führungskräfte mit Nähe und Distanz umgehen
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Ist Ihnen schon einmal passiert, dass ein Mitarbeiter Ihnen gegenüber klagte, „welche dämlichen Entscheidungen die Geschäftsführung“ treffe und Sie fielen prompt darauf herein und stimmte ihm - wenn auch nur ansatzweise - zu? Innerhalb weniger Minuten wissen alle Ihre Mitarbeiter, wie Sie über die Führungsspitze denken. Schließlich tragen sich solche unbedachte Äußerungen beinahe mit Lichtgeschwindigkeit weiter und können eine gefährliche Eigendynamik entwickeln.
Mir passierte so etwas Ähnliches vor vielen Jahren. Ich arbeitete in einem internationalen Konzern als Verkaufsleiter und wir bekamen einen neuen Geschäftsführer, der innerhalb der Unternehmensgruppe von einem anderen Bereich zu uns wechselte. Eine Mitarbeiterin von mir, die diesen Manager bereits kannte (zum Unterschied von mir), fragte mich, wie wir uns denn verhalten sollten, „wenn der Neue“ käme.
Ich sagte ihr, wir machen unsere Arbeit wie gewohnt weiter, da Strategie und Ziele feststanden. Dann äußerte ich folgenschweren Satz. „Letztlich ist es egal, ob er (der Geschäftsführer) jetzt kommt oder nicht: Wir sind ein Team und ziehen unser Ding durch. Da brauchen wir niemand anderen dafür.“
Was von mir als Motivation gedacht war - schließlich bedeutete es im Umkehrschluss, dass ich ihr - und dem Rest meiner Mannschaft - darauf vertraute, weiterhin hervorragende Leistungen zu bringen - entpuppte sich als gewaltiges Eigentor für mich.
Nur wenige Wochen nachdem der neue Country Manager seine Stelle antrat, holte er mich in sein Büro. Dort fragte er mich, ob es wirklich so klug sei, an seinem Stuhl zu sägen. Ich verstand seine Frage nicht und erst nach einiger Zeit rückte er mit der ganzen Geschichte heraus: Meine Mitarbeiterin erzählte ihm, dass ich behauptete, ich könne seinen Job genauso gut machen. Dann folgten Auszüge aus dem Gespräch, das ich mit ihr führte. Aus seinem Mund bekamen sie jedoch eine völlig andere Bedeutung. Eine, an die ich nicht einmal ansatzweise dachte.
Wie sich das Verhältnis zwischen uns entwickelte, können Sie sich wahrscheinlich gut vorstellen.
Wie vermeiden Sie es, als Führungskraft in eine ähnliche Falle zu laufen, in die ich damals geriet? Die fünf folgenden Tipps eignen sich gut als Detektoren im Mienenfeld des geschäftlichen Miteinanders:
1. Bleiben Sie immer Ihrer Rolle treu
Im Job erfüllen Sie eine bestimmte Aufgabe und damit in Verbindung übernehmen Sie eine Rolle, die Sie nie verlassen sollten. Als Manager, Geschäftsführer oder Unternehmer haben beispielsweise Geschichten von ihren „Jugendsünden“ keinen Platz. Weder im Rahmen von Meetings, als mögliche Auflockerung, noch abends an der Hotelbar, nach einem anstrengenden Team-Event. Im Job sind Sie niemals privat und das sollten Sie auch nie vergessen. Außerdem sollten Sie es vermeiden, ihre private Meinung zu geschäftlichen Entwicklungen zu äußern. Definieren Sie für sich selbst, wie Sie von Ihren Mitarbeitern wahrgenommen werden wollen und weichen Sie davon nicht ab!2. Was hilft dem Unternehmen?
Überlegen Sie sich immer, welche Aussage von Ihnen dem Unternehmen weiterhilft. Bedenken Sie: Alles, was Sie sagen, wird auf die Goldwaage gelegt. Sei es von ihren Mitarbeitern, von Kunden, Lieferanten oder anderen Personen innerhalb Ihrer Firma. Versuchen Sie stets, positive Aspekte zu finden und konzentrieren Sie sich in ihrer Antwort darauf. Denken Sie daran: Manchmal kann es auch hilfreich sein, nichts zu sagen.3. Was hilft mir persönlich?
Überlegen Sie sich, welche Ihrer Aussage Ihnen - und damit: Ihrer Karriere - weiterhilft.Dieser Punkt entspricht im Prinzip Tipp Nummer zwei, jedoch auf Sie persönlich umgelegt.
Und ja: Ich kenne Manager, bei denen sich ein falscher Satz zum Karrierekiller entwickelte. Am Ende des Tages ist es völlig egal, welchen Zweck Ihre Aussage oder Handlung verfolgte: Wichtig ist immer, wie Andere es interpretieren. Manchmal kommt die Tätigkeit einer Führungskraft einem Schachspiel gleich: Siegreich bleibt derjenige, der mehrere Züge im Voraus denkt. Gerade, wenn Sie in einem Konzern arbeiten, sollten Sie sich zum Schachgroßmeister entwickeln.
4. Grenzen ziehen
Als Führungskraft bleiben Sie nur dann erfolgreich, wenn Sie die unsichtbare Grenze zwischen Ihnen und Ihren Mitarbeitern, aber auch zu anderen Kolleginnen und Kollegen im Unternehmen einhalten.Ein Beispiel: Gegen die Anrede in der Du-Form ist nichts einzuwenden, auch nicht ein möglicherweise hemdsärmeliger Umgang miteinander. Doch überlegen Sie sich, wie nahe Sie die Arbeitskollegen an sich heranlassen wollen. Genau hier befindet sich diese Grenze, die niemand überschreiten sollte, weder Sie noch jemand anderes.
5. Im Zweifel: Klappe halten!
So flapsig dieser Tipp klingt, so wichtig ist er gleichzeitig. Wenn Sie sich nicht sicher sind, ob das, was Ihnen auf der Zunge liegt, wirklich hilfreich ist, dann halten Sie sich im Zweifel zurück. Sagen Sie besser etwas wie: „Das ist ein interessanter Ansatz, darauf komme ich später zurück“, bevor Sie voreilig antworten und es später bitter bereuen.Als Führungskraft bestimmen Sie immer das Tempo und den Weg. Insbesondere im Gespräch mit Mitarbeitern. Vergessen Sie das bitte nicht.
Mit diesen Tipps sollten Sie ein „Armlängen-Gate“ wie es Frau Reker unterlief, vermeiden können. Ein harmloser Satz kann im schlechtesten Fall Ihre Rolle als Führungskraft gefährlich ins Wanken bringen. Das passiert Ihnen jedoch jetzt nicht mehr, habe ich recht?